Montag, 20. Mai 2013

Philosophische Brocken


Interkulturelle Religionsforschung in Theologie und Philosophie
Anmerkungen zu Begriffen, die für eine interkulturelle Positionierung notwendig sind

Philosophie
Philosophie ist die Klärung der Gedanken des Denkens über die Welt. Es ereignet sich in einem Suchen nach Begründungen, wie und was wer über die Welt denkt. Philosophieren ist die Tätigkeit, die eine Antwort sucht auf das Bedürfnis nach einer Gesamtsicht der Erscheinungen und Phänomene, wobei diese Gesamtsicht in eine Tiefensicht mündet. Dabei ist Philosophie ein denkerisches Projekt, dass ohne Berufung auf bloße Tradition, auf religiösen Glauben oder auf eine andere über der menschlichen Vernunft angesetzte Autorität diese Fragen klärt.
Dabei entwickelt die Philosophie ihre je eigenen Begrifflichkeiten und Denkformen, ihre Methoden und Standards, die ihre Tätigkeit zu anderen denkerischen Projekten abgrenzt.
Alle Projekte streben einen universellen RahmAnmerkungen zu Begriffen, die für eine interkulturelle Positionierung notwendig sind. aber ihrer Art nach kulturell bedingt, was eine denkerische Begrenzung bedeutet.
Denn philosophisches Denken ist eine performative Tätigkeit und damit an einzelnen Fällen und deren Behandlung erkennbar. Solche Einzelfälle begegnen jedoch in vielen Sprachen, Gesellschaften und Kulturen, nicht nur in der abendländischen. Die Differenzen, die sich darin zeigen, betreffen grundlegende Probleme.
Wenn nun die Zeugnisse des philosophischen Denkens aus vielen Kulturen in Zeiten der Globalisierung jederzeit zugänglich sind, müsste eigentlich das fremde, differente Denken in die jeweiligen aktuellen Argumentationen und Überlegungen einfließen, wenn Philosophie einen universellen, globalen Anspruch erheben will.

Globalisierung
Wir sprechen von einem Prozess der Globalisierung, d.h. Es geht etwas voran. Der Raum dieses Prozesses ist der Globus, die für den Menschen bewohnbare Welt.
Dabei ist zu klären, was alles globale Form annimmt und wie das geschieht.
Ebenso ist zu klären, wann, wo und mit welchen Mitteln dieser Prozess seinen Anfang genommen hat. Wer oder was ihn bewirkt, was das Ziel dieses Prozesses sein wird und wann und wie er jemals zu einem Ende oder Abschluss kommen wird und wie der aussieht.
Globalisierung bringt einen hohen Grad an Vereinheitlichung hervor in der Bewertung von Technik und Ökonomie. Im Bereich der Formen von politischer Organisation der Gesellschaft, dem Verhältnis zwischen religiösen und säkularen Organisationen, den Fragen nach den Rechten und Pflichten der Mitglieder einer Gesellschaft, den ethischen Normen und ästhetischen Urteilen etc. besteht eine weitgehende Uneinigkeit, bedingt durch die Frage wie ein Zentrum auf ein anderes Zentrum oder die Peripherie wirkt, von welchen Interessen es geleitet geleitet ist.

Kultur
Um Prozesse der Globalisierung zu erörtern und hermeneutisch zu bewältigen, werden Fragen nach der Kultur und ihrer Funktion, der philosophischen Begrifflichkeit in Theorie und Methodik aktuell. Sie sollen dazu dienen, Prozesse  zu machen, um eine intersubjektive Vermittlung zu erreichen. 
Um dazu das Feld der Kultur auszudifferenzieren, kann der nachfolgende Diskurs hilfreich sein.
Kultur ist Gestaltung seiner selbst und seiner Welt, die der Mensch als geistiges Wesen vollbringt, mithin eine menschliche Tätigkeit. Kultur vollendet sich dort, wo ein ein zusammenhängendes Ganzes sich bildet, s.c. gebildet wird.
Kultur als Menschenwerk zu verstehen, eröffnet den Bereich, in dem durch schöpferisches Tun die Welt erfahrbar als veränderbar erkannt wird.
Kultur ist der räumlich und zeitlich begrenzte Gesamtausdruck menschlich schöpferischen Wirkens, das materiell basierend der Welt passiv empfangend und aktiv gestaltend begegnet und nach Sinnhaftigkeit befragt werden kann. Dem Einzelnen gegenüber ist Kultur ein Objektives, in das er sich er sich einfindet, dem er sich aber auch verweigern kann und damit den Anlass bietet zur Schaffung neuer kultureller Ausformungen. So gibt es intrakulturell Erneuerung, Verwandlung, Rückgriffe auf lebenskräftige Traditionen.
Kultur als solches geschehen ist letztlich nicht auf den Punkt zu bringen. Sie entzieht sich einer logischen Definierbarkeit, weil sie als performativer Akt zu verstehen ist wissenschaftlich getragen von den Kulturwissenschaften, die mit unterschiedlichen Methoden Gegenstandsbereiche als kulturelle Phänomene untersuchen. Kulturwissenschaften versuchen, Erklärungen aufzuzeigen, die sich nicht auf "natürliche", sondern auf geistige Ursachen beziehen. Kulturwissenschaften als Erfahrungswissenschaften der geistigen Erscheinungen sind von den Naturwissenschaften abzugrenzen. Sie setzen dort an, wo der Mensch als wollendes, gestaltendes und damit denkendes, rationales Subjekt ein wesentlicher Faktor der Erscheinung, der Phänomene ist. Kulturwissenschaften wenden wissenschaftliche Methoden auf soziale Phänomene zum Zwecke der Erforschung und Beschreibung etwaiger Gesetzmäßigkeiten an.
Somit sind Kulturwissenschaften hermeneutisch, historisch und philologisch tätig, wobei es um das Verstehen geht, nicht primär um ein Erklären im naturwissenschaftlichen Sinne.
Mit dieser Methodik kann der Begriff "Kultur" ausdifferenziert werden nach dem lateinischen Verb "colere":
- Kultur, die man betreibt, die vervollkommnete Pflege der individuellen Kulturanlagen.
- Kultur, die man hat, der gepflegte Zustand oder hohe Grad erworbener Vervollkommnung
- Kultur, in der man lebt, der charakteristische Traditionszusammenhang von Institutionen, Lebens- und Geistesformen, durch den sich Völker und Epochen unterscheiden.
- Kultur, die man schaffen, fördern und als Besitz verehren kann, die höhere Welt der Werte und Werke in Kunst, Philosophie und Wissenschaft.
Eine solche Betrachtungsweise generiert in der Regel zwei Dimensionen,
einmal die inhaltliche Bedeutung von Kultur als Sammelbegriff für diejenigen Praktiken, durch welche Menschen ein menschentypisches Leben herstellen, z.B. Alltagsroutinen, Kompetenzen, Überzeugungen, Umgangsformen, Sozialregulationen, Weltbilder.
Zum anderen Kultur verstanden als die Ausdehnung auf diejenige Gruppe, Gesellschaft, Zivilisation für welche die betreffenden kulturellen Inhalte bzw. Praktiken charakteristisch sind.
Dieser erste Durchgang lässt Kultur als eine nicht klar zu definierende Entität erscheinen.
Hingegen gilt es festzuhalten, dass Kulturen einem ständigen Wandel unterworfen sind, vielschichtig erscheinen, dabei eigenartige Mischverhältnisse (Hybridität) eingehen, um sich auch inSubkulturen zu differenzieren. 
 



 


Die Würde des Menschen
Derjenige, der den Begriff der Würde des Menschen (lat. dignitas hominis) als erster formuliert, ist der Renaissance-Philosoph Giovanni Pico della Mirandola. Die Würde des Menschen gründet nach Pico della Mirandola darauf, dass, zugespitzt formuliert, die Natur des Menschen darin liegt, dass er keine (festgelegte) Natur hat, dass, mit anderen Worten, er die Freiheit hat, sein Wesen selbst zu schaffen. Den Schöpfer lässt Pico zu Adam sagen: „Keinen bestimmten Platz habe ich dir zugewiesen, auch keine bestimmte äußere Erscheinung und auch nicht irgendeine besondere Gabe habe ich dir verliehen, Adam, damit du den Platz, das Aussehen und alle die Gaben, die du dir selber wünschst, nach deinem eigenen Willen und Entschluss erhalten und besitzen kannst. Die fest umrissene Natur der übrigen Geschöpfe entfaltet sich nur innerhalb der von mir vorgeschriebenen Gesetze. Du wirst von allen Einschränkungen frei nach deinem eigenen freien Willen, dem ich dich überlassen habe, dir selbst deine Natur bestimmen.“ Diese Selbstbestimmung des Menschen macht, nach Pico, seine Würde aus.



Denken und Sprache
Die Schrift gibt den Gedanken eine materielle Verfassung. Eine, die das entstehen von Neuem ermöglicht. Im Bereich der Interpretation. Sie ist eine Versuchsanordnung, ein Experimentalsystem. Das Experimentalsystem ist ein Ort der Emergenz – der Strukturen, um das nicht Ausdenkbare einzufangen, eine Suchbewegung auf der Grenze zwischen Wissen und Nichtwissen. Die Schrift begründet Bahnen, auf denen Spuren hinterlassen werden, auf die man zurückkommen und über die man, indem man das tut, hinausgehen kann. Um ins Dunkel einzusteigen bedarf es einer Beschränkung auf ein Stück Wirklichkeit, willkürlich ausgesondert sowie der Wahl «eines Systems». Das System ist ein Spielraum, in dem man sich mittels von Fragen und Antworten bewegen kann. Die einzelnen Systeme werden zu einem Patchwork zusammen gewoben, einer Flickenteppich-Verknüpfung der Konnexion, Interaktion und ihrer Regelung von offen und begrenzt. Bei der Beschränkung muss man nicht nur ihren abschliessenden sondern auch ihren aufschliessenden Charakter verstehen. Experimentalsysteme sind Orte, an denen sich in den empirischen Wissenschaften das Neue ereignet. Diese Experimentalanordnung impliziert eine ganze Menge von Wissen, das zu einem gewissen Zeitpunkt als gesichert gilt. Sie nimmt in der Regel die Gestalt von Instrumenten, Vorrichtungen und Apparaten an. Diese sind zu Kalibrieren und zu Testen, in Bewegung zu setzen um auf ihre eigene Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Die eingesetzten Maschinen sollen möglichst geräuschlos ihre Arbeit tun und die untersuchten Phänomene zum Sprechen bringen. Der experimentelle Geist muss komplementär zur Experimentalstruktur verfasst sein, dabei sich selbst bei der experimentellen Arbeit beobachtend. Das Experiment soll als Suchmaschine, Maschine zur Herstellung der Zukunft befraget werden.


Anfänge der Philosophie aus interkultureller Sicht
Grundfragen der Philosophie sind: Was ist wirklich? Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Derartige Fragen in bewusst reflektierter Weise zu stellen und argumentativ mit Hilfe theoretischer Begriffe zu klären, ist in vielen, kulturell differenten Gesellschaften und Traditionen unternommen worden. Solche Differenzen und die kulturelle Bedingtheiten des Eigenen sind bewusst zu machen, wenn Philosophie mit dem Anspruch auf Gültigkeit ihrer Einsichten betrieben werden soll.
Drei verschiedene Zugänge:
--- Die (philosophiehistorische) Problematik kultureller Differenzen hinsichtlich von Periodisierungen, Klassifikationen und Interpretationsbegriffen. 
--- Die (wissenschaftssoziologische) Frage nach der Entwicklung, Verbreitung und Funktion von Philosophie in unterschiedlichen Regionen. 
--- Die (wissenschaftstheoretische) Frage nach dem Verhältnis von Oralität und Literalität in verschiedenen philosophischen Traditionen.

Kunst?
Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schauen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz darin zu finden. (Paul Auster)


Kultur?
Kultur ist, Globalisierung und Geschichte zusammenzudenken.
Kultur ist, das Eigene und das Fremde zusammenzudenken und damit Durchlässigkeit zu erzeugen und neue Erfahrungsräume zu schaffen, also Kolateralereignisse der Erkenntnis.


Philosophiebegriff nach Franz Wimmer
Es ist notwendig und zielführend, vor jedem Dialog oder Blick auf irgendeine Denkleistung, sei sie in einer "fremden" oder in der eigenen Kultur aufzufinden, einen Begriff davon zu explizieren, was überhaupt "Philosophie" sei.
Mit der Nennung von Ontologie, von Erkenntnistheorie und von Ethik oder Normenbegründung sowie einer expliziten Begrifflichkeit oder Metasprache ist zweifellos ein sehr allgemeiner Begriff umschrieben, der in seiner Allgemeinheit aus der okzidentalen Tradition gewonnen ist.


Zur "Deterritorialisierung" - Gilles Deleuze
Ortswechsel des Denkens, denn jedes Denken ist in der Kultur seiner Perspektive gefangen. Philosophie ist die Untersuchung der Möglichkeit des Denkens. Die Bedingungen gilt es zu untersuchen. Der Umweg über China gibt dem Denken die Fremdheit, durch die sich die Tradition des europäischen Denkens, der Philosophie, des Seins, des Ideals der Freiheit in Frage stellen lässt. Erst aus der Entfernung kann realisiert werden, dass es ein "europäisches" Denken gibt. Deshalb gilt es, einen Zugang zu einem Denken zu suchen und zu finden, das nicht durch die europäische Kultur determiniert ist.
Wenn man also eine so entwickelte, textualisierte, kommentierte wie die europäische Kultur sucht, die sich außerhalb der Bezüge des westlichen Denkrahmens konstituiert hat, bleibt allein die chinesische als Gegenüber, an dem man sich reiben kann.
De- und Reterritorialisierung ist eine Operation des Herausreißens, derer die Philosophie bedarf. Wenn man in dieser fremden Kultur ankommt, sieht man sich Momenten und Situationen ausgesetzt, in denen nichts verständlich ist, weil das Verstehen eurozentrisch geprägt ist. Kein Vergleich zieht mehr so, dass er Halt im scheinbar Vertrauten gibt. Die Entdeckung dabei ist, dass unser Denken durch unsere kulturelle Herkunft bestimmt ist.
Dass es dabei keine gemeinsame Seite gibt, die evidente Entsprechungen hervorbringt.
Wenn ich mich in das Verstehen der fremden Kultur hineinbegeben will, muss ich die Texte lesen.



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