Freitag, 31. Juli 2015

Thesen zur interkulturellen Philosophie

Thesen zur interkulturellen Philosophie nach Gregor Paul
Kulturen sind in sich heterogen. Kein Charakteristikum kann damit verteidigt werden, dass es zu einer Kultur gehört.
Kulturen sind keine geschlossenen Entitäten. Jede Kultur ist auch Ergebnis fremder Einflüsse.
Kulturen sind keine Organismen, schon gar keine lebenden Organismen. In jeder Kultur wird gerungen durch Argumente und Setzungen, die Gültigkeit beanspruchen, mit Überzeugungskraft nebst Durchsetzungsvermögen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Gültigkeit (=Geltung) und Akzeptabilität und Überzeugungskraft in historischen, rechtlichen, soziopolitischen und psychologischen Analysen. Eine terminologische Unterscheidung (Differenz) gilt es, wahrzunehmen: Das Allgemeine - Das Besondere=Das Spezifische. Das Abstrakte - Das Konkrete, nicht allgemein gilt dann als konkret; nicht abstrakt gilt als spezifisch.
Was Fragen der Akzeptabilität und Durchsetzbarkeit betrifft, sind Spezifika wichtiger als allgemeine Konzepte. Das gilt in gleicher Weise für die Konkretion gegenüber dem Abstrakten. Friedlichkeit ist eine von niemandem in Frage gestellte Sache. Aber Frieden im Spezifischem birgt einiges an Konfliktpotential.
Verschiedene Kulturen haben gemeinsame Merkmale: sie sind Menschenwerk. Dabei gilt es, anthropologische Konstanten, Orientierung an logischen Gesetzen, Regeln von Ursache und Wirkung zu beobachten. Es können prägende Gemeinsamkeiten in jeweiligen Umwelten herausgearbeitet werden. An diese Gemeinsamkeiten gilt es, transkulturell anzuknüpfen. 
Kulturen sind keine statischen Phänomene. Sie sind veränderlich, warten in einem dynamischen Erscheinungsbild auf. Deshalb ist der Ist-Zustand einer Kultur auch nicht festzuhalten.
Die den Alltag bestimmenden distinktiven Kulturmerkmale sind relativ spezifischer Art, nicht auf der fundamentalen Ebene ethischer oder moralischer Normen zu verorten. Es ist deshalb als fragwürdig anzusehen, die eigene Kultur in Form einer Auszeichnung radikal gegen andere Kulturen abzugrenzen. Das grenzt immer oft an eine willkürliche Setzung. Ein besserer Weg ist ist, unterschiede und Gemeinsamkeiten zu begründen. Sind Begriffe und Vorstellungen geeignet zu einer intersubjektiven, argumentativen Auseinandersetzung in der Form einer Zusammensetzung?
Es muss in der interkulturelle Philosophie darum gehen, mittel und Wege zu einem alle Menschen einschließendem kulturellen Miteinander zu finden, dass jeder Kultur, jedem Einzelnen seine wohlbegründete spezifische Kulturalität lässt. Der Weg dazu führt über Untersuchungen, welche Philosophie dieses Anliegen begünstigt, um herauszustellen, was im Diskurs fragwürdig erscheint. Optimale Verallgemeinerungen und notwendige Ausdifferenzierung zeichnet diesen methodischen Weg aus.
Das Ziel einer interkulturellen Arbeit ist die gewaltfreie interkulturelle Verständigung durch argumentative Qualität des Zusammensetzens, um rassistische, kukturalistische und politische Instrumentalisierungen des Kulturellem zu begegnen, die der Verständigung entgegenwirken. 
Kultur ist in Differenz zur Natur zu sehen. Sie ist eine von Menschen geschaffene Lebensform, deren Eigenschaften und Merkmale für eine größere Gruppe, Zeitspanne und Lebensraum kennzeichnend sind. Kulturelle Tätigkeit entspringt zuvörderst der Beantwortung der allgemeinen und damit spezifischen philosophischen Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?