Dienstag, 25. Februar 2014

Nachdenken über das Denken und Urteilen

Denken
Im philosophischen Sprachgebrauch steht ›denken‹ einerseits für die
Tätigkeit des Erfassens von Gedanken (Ideen, Begriffen, Vorstellungen),
dann für die synthetisierenden Funktionen des Verstandes, schließlich für das
Bilden von Urteilen und logischen Schlussfolgerungen.
Das Denken ist gleichbedeutend mit Synthetisieren, Vereinheitlichen. Im Denken werden die aus den Sinnen stammenden Vorstellungen auf Urteile bezogen. Eine Sache zu denken ist dasselbe wie sich ein Urteil über die entsprechende Sache zu bilden. Man kann z. B. wahrnehmen, wie es regnet und die Erde nass wird, man kann aber auch das Urteil ›Wenn es regnet, so wird die Erde nass‹ bilden. Tut man das Letztere, dann hat man gedacht. Die dabei zur Anwendung kommenden allgemeinen Denkformen betrachtet Kant als a priori , d. h. den jeweiligen konkreten Denkakten vorausliegend.
Im Hinblick auf die Arten des Denkens unterscheidet die philosophische Tradition zwischen intuitivem Denken (cognitio intuitiva ) und diskursivem Denken (cognitio discursiva ). Im intuitiven Denken wird ein einzelner Sachverhalt intuitiv erfasst bzw. unmittelbar eingesehen. Das diskursive Denken (von lat. discurrere , ›durchlaufen‹) durchläuft, beispielsweise bei einer logischen Schlussfolgerung in einem Argumentationsgang oder einer mathematischen Ableitung, eine Reihe von Inhalten, wobei im Idealfall jeder Einzelschritt intuitiv einleuchten sollte. Zugleich werden in einem Akt des intuitiven Denkens die ersten Prinzipien, die nicht auf diskursivem Wege aus anderen Sachverhalten abgeleitet werden können, erfasst.
Neuzeitliche Philosophen stellen sich auf den Standpunkt, dass durch das Denken selbst die Wirklichkeit strukturiert wird. Der Verstand schreibt der Natur ihre allgemeinsten Gesetze vor. Kausale Gesetzmäßigkeit ist in erster Linie ein Verstandesprinzip, dessen sich der Mensch bei der Naturerkenntnis bedient, jedoch nichts, was in der Natur selbst vorkommt.

Urteil/Aussagen
Urteile sind nach dieser Tradition Behauptungssätze, d. h. sprachliche Gebilde, in denen zu Recht (wahr) oder zu Unrecht (falsch) das Bestehen (Affirmation, compositio ) oder Nichtbestehen (Negation, divisio ) eines Sachverhalts behauptet wird.
Das Urteil bezeichnet den Schlusszusammenhang eines Syllogismus, der darin besteht, eine probable Behauptung (Konklusion) auf ihre demonstrativen Prämissen zurückzuführen. Das Schließen besteht danach genau darin, über die zu beweisende Behauptung ein Urteil zu fällen (Sentenz).
Der Begriff des Urteils hat darüberhinaus eine weitere, erheblich über die des wahrheitsdifferenten Aussagesatzes hinausgehende Bedeutung erlangt. Das Hinzukommende ist das Moment der Geltung. Das Urteil ist nicht nur ein sprachlicher Akt (Verknüpfung von Termen), sondern ein Erkenntnisakt (Verknüpfung von Vorstellungen). Im Urteil wird Erkenntnis realisiert, indem eine Anschauung ( eine einzelne Vorstellung, die »auf den Gegenstand unmittelbar bezogen wird«) unter einen Begriff (»allgemeine Vorstellung, die für viele gilt«) subsumiert wird. Das Urteil ist deshalb bloß die »mittelbare Erkenntnis eines Gegenstands, mithin die Vorstellung einer Vorstellung desselben«.  Die Verknüpfung von Vorstellungen bedarf eines Einheitsmoments, der Einheit eines Bewusstseins. Urteile sind also nicht allein wahr oder falsch, sondern aufgrund ihrer Bezogenheit auf die synthetische Einheit eines Bewusstseins gelten sie entweder als objektiv oder bloß subjektiv (a priori oder a posteriori ).

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